Most & Jazz Fehring – Vulkanland setzt Ausrufezeichen
von Sabine Hütter, 6. September 2025
Steirische Interpretation eines globalen Lebensgefühls
Mitten im Herzen der Südoststeiermark, wo der Duft reifer Äpfel und frisch gepresster Moste in der Luft liegt, verschmelzen Musik, Kulinarik und Gemeinschaft zu einem unverwechselbaren Erlebnis: dem Most & Jazz Festival Fehring. Was in den 1970er-Jahren als kulturelle Bewegung im ländlichen Raum begann, ist heute ein international beachtetes Ereignis, das Generationen verbindet – und zeigt, wie weltoffen und neugierig das steirische Vulkanland kulturell denkt.
MOST + JAZZ in Fehring - die perfekte Symbiose aus Musik und Kulinarik - Foto: Sabine Hütter, society-photography.at
Offene Ohren, offenes Herz – warum Jazz im Vulkanland zuhause ist
Festival-Organisator Peter Wendler beschreibt die Region mit spürbarem Stolz: „Unsere Region ist sehr offen – gerade im Kunst- und Kulturbereich.“
Diese Offenheit wurzelt tief in der steirischen Kulturgeschichte: Vom „Steirischen Herbst“, der seit den 1960er-Jahren internationale Avantgarde-Kunst nach Graz bringt, bis zu den Fehringer Kulturtagen der 1970er-Jahre – immer wieder war die Südoststeiermark ein Ort des kulinarischen und musikalischen Experimentierens.
Fehring entwickelte sich über Jahrzehnte zu einer Bühne, auf der sich Jazz, Rock, Pop, Hip-Hop und sogar Techno begegnen. Diese Vielstimmigkeit ist heute das Fundament von Most & Jazz – einem Festival, das regionale Identität mit globalem Musikverständnis verbindet.
Most & Jazz in Fehring ist seit vielen Jahren ein wahrer Publikumsmagnet- Foto: Sabine Hütter, ©by society-photography.at
Zwischen Weltmusik und Wiener Lied – Jazz als verbindendes Prinzip
Während andernorts noch über „kulturelle Aneignung“ diskutiert wird, bewahrt das Festival einen unaufgeregten Zugang zur Musik. Für Wendler ist Jazz kein abgegrenztes Genre, sondern eine Haltung der Offenheit und Qualität:
„Jazz verstehen wir als Oberbegriff für hochwertige, qualitätsvolle Unterhaltungsmusik.“
Das Line-up von Most & Jazz reicht dementsprechend von klassischem Jazz über Soul, Funk und World Music bis hin zu Pop mit Wiener-Lied-Anklängen. Entscheidend ist dabei nicht die Stilreinheit, sondern die künstlerische Authentizität – und die Begegnung zwischen Musikern und Publikum.
Vinyl, Emotion und der Klang des Echten
Ein besonderes Detail im kulturellen Ökosystem von Fehring ist die Zusammenarbeit mit dem Vinylwerk Fehring. Auch wenn Wendler betont, dass Vinyl kein zentrales Element der Festivalphilosophie sei, spiegelt es doch den Geist des Festivals wider: Echtheit, Emotion und physische Erfahrung.
Vinyl ist im Zeitalter des Streamings längst wieder ein Symbol für Qualität geworden – und steht wie das Festival selbst für das Bewusstsein, Musik als Erlebnis zu begreifen, nicht bloß als Konsumprodukt.
Genuss mit Klang – die Symbiose aus Musik und Kulinarik
Was wäre das Vulkanland ohne seine Kulinarik? Ob Apfelmost, Käferbohnen, regionale Weine oder kreative Küchenkunst – beim Most & Jazz Festival wird Musik buchstäblich geschmeckt. Wendler bringt es auf den Punkt:
„Musik und Kulinarik gehören für uns zusammen – im Kern funktioniert das Festival nur in der Symbiose aus beiden Elementen.“
Diese Verbindung macht den Reiz des Festivals aus: Am Freitagabend groovt Funk im Stadtpark, während am Sonntag beim Brunch lokale Spitzenwinzer ausschenken. Das Ergebnis ist ein Fest für alle Sinne – und ein starkes Stück regionaler Identität.
Zukunft mit Bodenhaftung – behutsame Weiterentwicklung
Wachstum um jeden Preis? Nicht in Fehring. Wendler sieht die Zukunft des Festivals bewusst evolutionär, nicht revolutionär. Nach einem neu konzipierten Opening Event 2025 sind weitere Veränderungen denkbar, aber:
„Im Kern soll das Festival das bleiben, was es ausmacht – gute Musik für Jung und Alt, verfeinert mit den besten Spezialitäten der Region.“
Damit positioniert sich Most & Jazz als Best-Practice-Beispiel für nachhaltige Kulturentwicklung: ein Festival, das modern bleibt, ohne seine Wurzeln zu verlieren.
Fazit
Most & Jazz Fehring steht sinnbildlich für das, was das steirische Vulkanland ausmacht: Offenheit, Authentizität und Leidenschaft. Es beweist, dass Jazz – einst eine afroamerikanische Kunstform – heute universale Sprache der Begegnung sein kann.
In einer Welt, die immer schneller wird, ist Most & Jazz ein Ort des Innehaltens. Ein Ort, an dem Musik, Geschmack und Gemeinschaft verschmelzen – und wo jedes Jahr aufs Neue spürbar wird, dass Kultur nur dort lebendig bleibt, wo sie ehrlich gelebt wird.
Fotogalerie
Impressionen der Veranstaltung von Fotografin Sabine Hütter für www.society-photography.at
Keine Spur von ‘kultureller Aneignung’, sondern steirische Interpretation eines Lebensgefühls: JAZZ in der Südost-Steiermark | Foto: ©by Sabine Hütter, society-photography.at