Baden bei Wien - Wo die Kaiserzeit noch atmet
von Sabine Hütter, November 2025
Kurort Baden bei Wien, ein Biedermeier-Kleinod
Baden bei Wien hat einen eigenen Puls. Keinen vorlauten, keinen aufdringlichen, eher den unverkennbaren Herzschlag einer Stadt, die in weiten Teilen aus der ruhmreichen Vergangenheit eine beeindruckende Gegenwart entwickelt hat.
Im Schatten der Weltmetropole Wien, nur eine kurze Zugstrecke entfernt, entwickelte sich hier jene besondere Mischung aus Kurkultur, kaiserlicher Eleganz und bürgerlichem Selbstbewusstsein, die die K.u.k.-Zeit prägte. Und sie ist noch allgegenwärtig und (be)greifbar.
GRAN CASINO BADEN - zentrales Element und die Ikone als Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart | Foto: Sabine Hütter, society-photography.at
Casino und Kurpark – zwei Pole einer Stadt
Das Casino Baden, mit seinen strengen Säulen und klaren Achsen, repräsentiert die noble Spielbank - noch heute - den gesellschaftlichen Mittelpunkt des frühen 20. Jahrhunderts: gesellschaftliche Etikette und bürgerliches Selbstverständnis.
Der Kurpark hingegen ist die stetige Einladung zum Lustwandeln und Flanieren: Spazierwege, Sichtachsen, Statuen, Herbstbäume – eine Bühne, die nie langweilig wird und sich stetig wandelt.
Joseph Kollmann, Bürgermeister von Baden | Foto: Fotojournalistin Sabine Hütter ©by Society-Photography.at
Das Gesicht einer Epoche: Joseph Kollmann
Der Blick auf die Büste von Joseph Kollmann (1868 - 1951), dem Bürgermeister, der Baden in eine moderne Kurstadt führte und die Eröffnung der Spielbank ermöglichte, wirkt wie ein Gespräch mit einer Zeit, in der Visionen noch aus Stein, Wasser und Disziplin entstanden. Sein bronzenes Profil – ruhig, kontrolliert, würdevoll – ist nicht nur ein Denkmal, sondern ein Leitmotiv der Stadt: Kontinuität.
Kollmann steht für das Baden, das wusste, dass es etwas Besonderes ist, ohne es laut verkünden zu müssen.
Bewohner und die Gäste von Baden sind der lebende Beweis dafür, dass die Biedermeierstadt nicht stehen geblieben ist. BAden trägt das Erbe der Kaiserzeit nicht als Last, sondern als Haltung | Foto: Sabine Hütter, ©by society-photography.at
Strauss und Lanner – der Walzer als Atem dieser Stadt
Im Kurpark begegnet man Strauss und Lanner. Sie sind eine lebendige Erinnerung daran, dass Baden das „Sommerfrische-Herz“ der Wiener Gesellschaft war. Ihre Figuren stehen da, als warteten sie darauf, den nächsten Tanz zu beginnen – Violinen in der Hand, Haltung in Bronze gegossen.
Zwischen den herbstlichen Farben wirken sie wie Gastgeber, die Besucher freundlich, aber mit einem Hauch aristokratischer Reserviertheit empfangen.
Hygieia – die Quelle der Gesundheit
Dann die Statue der Hygieia, der griechischen Göttin der Gesundheit.
Sie sitzt dort, in stiller Konzentration, als würde sie die Badener Thermalquellen noch immer bewachen. Die Schale in ihrer Hand erinnert daran, dass Baden seit der Römerzeit ein Ort war, an dem Körper und Geist gleichermaßen genährt wurden. In der anderen Hand die Äskulapnatter, einer ungiftigen, großen Schlangenart, die als ein weiteres Symbol für den medizinischen Beruf gilt.
In der leichten Novemberkühle wirkt sie fast wie ein Kontrapunkt: Wärme, Fürsorge, Heilung – zeitlose Konzepte, die Baden treffend beschreiben.
Hygieia, der griechischen Göttin der Gesundheit im Badener Kurpark | Foto: Sabine Hütter ©by Society-Photography.at
Die Arena – Architektur als bürgerlicher Stolz
Der Jugendstil der Sommerarena ist Ausdruck einer Epoche, die Kunst und Bürgertum eng verband.
Die fein modellierten Masken, die Lyra, die symmetrischen Kurven – sie erzählen vom Selbstverständnis einer Gesellschaft, die wusste, dass Kultur nicht Luxus, sondern Lebensform ist. Hier klingt die Kaiserzeit weniger nach Prunk als nach Präzision.
Menschen im Hier und Jetzt
Und dann sind da die heutigen Bewohner und die Gäste der Stadt, sie sind der Beweis dafür, dass Baden nicht stehen geblieben ist. Die Stadt trägt das Erbe der Kaiserzeit nicht als Last, sondern als Haltung: Gelassenheit, Genuss, Bewusstsein für das Gute.
Baden als Geisteshaltung
Baden ist nicht bloß Biedermeier. Nicht bloß K.u.k. Nicht bloß Kurkultur.
Es ist die seltene Verbindung aus:
bürgerlicher Eleganz,
architekturgeschichtlicher Klarheit,
kulturellem Selbstverständnis,
und einem natürlichen Sinn für Tradition.
Eine Stadt, die nie versuchte, Wien zu kopieren – sondern zeigt, wie eine kleinere Stadt zeitlose Größe besitzen kann.
Fotostrecke
Flanieren durch die Kaiserzeit, Biedermeier-Stadt Baden bei Wien, Österreich | Fotografie: Sabine Hütter – Society Photography Austria