Humor – Zwischen Haltung, Hybris und Eskapismus

“Humor in der Fotografie” - Kritik an der Wunderwaffe

von Mag. Sabine Hütter

Humor ist eine Strategie, eine Lebenseinstellung.“ – Werner Gruber (Impulsvortrag im Rahmen des Branchentreff der Berufsfotografen, Graz 2025)

Kaum ein Begriff wird so häufig missverstanden wie Humor. Er gilt als Zeichen von Intelligenz, sozialer Kompetenz und emotionaler Reife. Doch was passiert, wenn Humor zur Maske wird – zur Dauerpose, hinter der man das Leben nur noch aus der Distanz erträgt? Wenn Lachen nicht mehr Ausdruck innerer Gelassenheit ist, sondern Abwehrmechanismus, der Realität entschärfen oder vermeiden soll? Stichwort: Eskapismus.

Gedankenaustausch unter Kollegen: Werner Gruber referierte über ‘Humor’ während des Treffens der Berufsfotografen in Graz | Foto: Sabine Hütter Society-photography.at

Die Dosis macht das Gift

Werner Gruber betont: „Humor ist eine Strategie, eine Lebenseinstellung.“ Doch jede Strategie kann ins Gegenteil kippen. Humor wird dann toxisch, wenn er zur Dauerreaktion auf alles wird – wenn Menschen manisch humorvoll sein wollen, selbst dort, wo Ernsthaftigkeit gefragt wäre. Dieses Dauergrinsen, diese zwanghafte Heiterkeit ist keine Stärke, sondern eine Flucht. Es ist der Versuch, Kontrolle über Situationen zu behalten, indem man sie verharmlost. Wer alles ins Komische zieht, entzieht sich der Verantwortung, auf das Reale zu reagieren.

WERNER GRUBER versuchte ‘Humor’ als Lebenseinstellung zu vermitteln - Sabine Hütter nutzt die Keynote für einige ergänzende Gedanken. Foto: Sabine Hütter www.society-photography.at

Wenn Humor versagt

Zwei Beispiele verdeutlichen die Grenzen des scheinbaren emotionalen Universal-Werkzeugs ‘Humor’ bzw. ‘Lachen’.
Ein Hochzeitsfotograf, verwechselt „Dörfl“ im Bezirk Voitsberg mit „Dörfl“ in der Gemeinde Straden – über 100 Kilometer liegen damit zwischen ihm und der aufgeregten Braut. Er erreicht den richtigen Ort erst, als das Getting Ready längst vorbei ist. Es fehlen unwiederbringliche Momente. Wer hier Witze macht, verkennt die Tragweite seines Versagens. Humor ersetzt keine Professionalität.

Ein Fotojournalist dokumentiert eine Demonstration, die in Gewalt umschlägt. Menschen werden verletzt, die Stimmung ist bedrohlich, Tränengas, Panik, Schreie. Humor wäre hier nicht nur unangebracht, sondern respektlos. Der Ernst der Lage verlangt Haltung, nicht Heiterkeit.

Beide Beispiele zeigen: Es gibt Momente und Lebensbereiche, in denen Humor schlicht versagt, weil er das Wesentliche – Verantwortung, Mitgefühl, Ernsthaftigkeit – unterläuft.

Die Wissenschaft des Lachens – vier Humorstile

Die Forschergruppe um Rod A. Martin (University of Western Ontario, 2003) unterscheidet vier grundlegende Humorstile: verbindenden, selbststärkenden, aggressiven und selbstentwertenden Humor. Diese Kategorien machen deutlich, dass Humor weit mehr ist als ein situatives Verhalten – er ist eine Persönlichkeitseigenschaft. Verbindender Humor stärkt soziale Beziehungen, schafft Nähe und Vertrauen. Selbststärkender Humor hilft, schwierige Situationen mit innerer Distanz zu betrachten, ohne Zynismus oder Verdrängung. Beide gelten als konstruktive Formen des Humors. Aggressiver Humor dagegen zielt auf Herabsetzung anderer, ironisiert Schwäche, oft getarnt als „Witzigkeit“. Der selbstentwertende Humor wiederum opfert das eigene Selbstwertgefühl für soziale Akzeptanz – Lachen auf eigene Kosten, um dazuzugehören. Damit zeigt sich: Humor ist kein moralisch neutrales Werkzeug. Er kann heilen, verbinden, entwaffnen – oder verletzen, ablenken, entwürdigen.

TACHELES beim Innungstreffen der Berufsfotografen in der Steiermark - Was darf und was kann Humor für Profi-Fotografen bedeuten | Foto: Sabine Hütter www.society-photography.at

Humor als Spiegel der Haltung

Ob Humor angemessen ist, entscheidet weniger der Kontext als die Intention. Wird Humor genutzt, um Spannungen zu lösen, oder um sich ihnen zu entziehen? Wird er geteilt, oder auf Kosten anderer ausgelebt? Verbindender Humor braucht Feingefühl. Aggressiver Humor dagegen gedeiht auf Arroganz. Wer ständig witzig sein will, offenbart oft ein Unvermögen, die eigene Verletzlichkeit zuzulassen. Humor wird dann zum Panzer – glänzend, aber leer.

Fazit – Die Gratwanderung zwischen Leichtigkeit und Flucht

Humor kann ein Instrument der Freiheit sein – oder eine Form des Eskapismus. Die Grenze verläuft dort, wo Lachen den Blick auf die Realität trübt. In einer Zeit, in der alles unterhaltsam sein soll, verliert Humor seine Tiefe. Die Frage lautet daher: Ist der inflationäre Gebrauch von Humor nicht Ausdruck einer Gesellschaft, die das Tragische nicht mehr aushält? Ja – Humor kann trösten und verbinden. Aber er darf nie dazu dienen, Verantwortung zu vermeiden oder das Leid anderer zu übertönen.

Antwort: Ja, übersteigerter Humor ist eine oberflächliche Form des Eskapismus. Er ersetzt Auseinandersetzung durch Ablenkung. Wirklicher Humor aber, jener, den Gruber meint, entsteht nicht aus Flucht, sondern aus Erkenntnis – er braucht Tiefe, Empathie und das Gespür, wann Schweigen ehrlicher ist als ein Lächeln.

So oder so war die Keynote zu diesem sehr komplexen Thema ein interessanter Beitrag des Branchentreffs der Berufsfotografen in der Steiermark.

Gedankenaustausch unter Berufsfotografen | Foto: Sabine Hütter Society-Photography.at

Sabine Hütter

SABINE Hütter | Society Photography Austria | Hochzeitsfotografin in Wien, Graz & Salzburg mit Gespür, Erfahrung und dem Talent für authentisches Storytelling.

Mit österreichischen Wurzeln und über 20 Jahren internationaler Erfahrung steht Sabine Hütter für eine Fotografie, die weit über die bloße Abbildung des Offensichtlichen hinausgeht. Von Hochzeiten in Paris über Werbeproduktionen auf den Kanaren bis hin zu Messe-Reportagen in Barcelona hat sie in den vergangenen zwei Jahrzehnten nahezu jedes Umfeld gemeistert – immer mit einem klaren Anspruch:

„Mein ANSPRUCH ist es, keine FOTOS ABZULIEFERN, sondern ZEITZEUGNISSE zu schaffen.“

Diese Haltung prägt ihre Arbeiten bis heute. Egal, ob am Red Carpet der Salzburger Festspiele, beim Red Bull Air Race in Budapest oder am Altar einer kleinen, verträumten Hochzeit in der Südost-Steiermark – Sabine definiert sich nicht über Anwesenheit in Stunden oder Anzahl der Fotos, sondern die Wirkung der Fotos und Videos, die wirklich ansprechen und berühren.

SOCIETY PHOTOGRAPHY AUSTRIA | WIEN, GRAZ & SALZBURG

Heute bietet Sabine gemeinsam mit ihrem Team maßgeschneiderte fotografische Lösungen an, insbesondere im Bereich der Hochzeitsfotografie für Wien, Graz und Salzburg. Ihr Stil verbindet ästhetische Präzision mit emotionaler Tiefe – das AUSSERGEWÖHNLICHE ist hierbei der STANDARD.

https://www.society-photography.at
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Im Schatten des Riesenrads – Wiens Anachronismus

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Zwischen Wahrheit und Illusion – Der ehrliche Moment in der Fotografie